Widerstand lässt sich nicht nur nicht ausgrenzen, sondern erfährt auch viel Solidarität!
Die Querelen um eine offizielle Ausladung des FAU-Syndikats Freiburg von der Teilnahme am vom DGB organisierten Fest im Stühlinger Park, nachdem erst eine Zusage erfolgte, sind längst überregional bekannt: vordergründig angeblich wegen des Aufrufes zum selbstironischen „sozialrevoltuionären Blöckchen“ waren die tatsächlichen Hintergründe allerdings ganz andere. Nach kurzer Absprache im Syndikat und vieler Sympathiebekundungen von Außen, gerade auch von Teilen der DBG- und IGM-Basis, war schnell klar: die FAU wird versuchen einen Info-Stand aufzubauen und auch Redebeiträge auf der alljährlichen DGB-Demo halten!
Der 1. Mai: Die Genossen der FAU reihten sich mit eigenem mobilen Lautsprecherwagen am Ende der vom DGB organisierten alljährlichen Demonstration ein. Hier formierte sich auch das „sozialrevolutionäre Blöckchen“, ca. 40-50 Menschen. Während der Demo war es einem Genossen möglich, 2 kleinere Redebeiträge u.a. den Vorfällen des FAU-Standverbotes über ein Mikrofon zu halten, die Reaktionen hierzu waren sehr positiv. Wieder zurück am Stühlinger Park nahm das Fest samt revolutionärer Bockwurstparty und Biergelage seinen üblichen Lauf. Die FAU baute ein Stückchen links der Rednerbühne ihren Infostand zusammen mit den GenossInnen von La Banda Vaga auf. Kaum war der Stand aufgebaut stapfte ein Funktionär der IG Metall, welcher als Vorhut geschickt wurde, zum Stand um mitzuteilen, diesen wieder abzubauen und das Gelände zu verlassen, die FAU sei als „gegnerische Organisation“ unerwünscht. Die Genossen konnten ihm jedoch, wie sich das für Gegner gehört, entschlossen klar machen, dass sie sich hier nicht vertreiben lassen werden. Es formierte sich schnell helfender Widerstand um den Stand notfalls zu verteidigen. Wieder zu seinen Auftraggebern zurück und von der FAU-Unverfrorenheit berichtend, wurde nun eine Polizeistreife vorbei geschickt. Auch diesen wurde mit HelferInnen-Unterstützung klar gemacht, dass der Stand bleiben wird; es kann nicht sein, dass der DGB sich als alleiniger Vertreter der ArbeiterInnenschaft aufspielt und ihm gegenüber kritische Meinungen ausgeschlossen werden. Nachdem die überfordert wirkenden Beamten wohl mit dem DGB Rücksprache hielten, war erst mal Ruhe angesagt.
Währenddessen auf der Bühne gaben sich die üblichen mit den ArbeitnehmerInnen wohlmeinenden Verdächtigen die Klinke in die Hand. So auch Freiburgs Hauptverantwortlicher für die letztjährige Räumung des Wagenkollektivs „Kommando Rhino“ und weiterer anhaltender Repressionen gegen die örtliche linke Szene, OB Dieter Salomon (Grüne), ebenfalls Präsident der kommunalen Arbeitgeberverbände Baden-Württembergs (KAV). Eine Unverschämtheit, eine Gewerkschaft sowie die RednerInnen einer solchen Veranstaltung sollte finanziell wie auch personell gegnerfrei sein und diese nicht auch noch zum heuchlerischen Tanz bitten. Gerade nachdem Salomon auch noch per Amtsverfügung das traditionelle 1. Mai-Fest im Grünen verboten hatte, welches von hauptsächlich linksgerichteten Menschen aller Spektren gefeiert wird (welches im Übrigen trotz Verbot, Polizeiaufgebot und Schikane durchgeführt wurde!). Salomon sonderte so wie jedes Jahr sein wohlmeinendes Grußwort an die ArbeiterInnenschaft ab. Das genau dieser via Presse auch mal für eine „gesellschaftliche Ächtung“ eines Streiks aufruft und dabei von einer „gewerkschaftliche[n] Geiselhaft“ der ErzieherInnen spricht, scheint den DGB nicht zu stören. In den aktuell frühzeitig abgebrochenen Tarifverhandlungen lobte Salomon den „fairen und verantwortungsbewussten Kompromiss“.
Irgendwann fand dieses Trauerspiel sein Ende und das nächste konnte beginnen: Der neu ernannte ArbeiterInnenführer Winnie Kretschmann durfte zur Versammlung der ArbeiterInnen im üblich kantigen Stil sprechen. Er sprach sich u.a. gegen den unbefristeten Einsatz von Leiharbeit aus. Eine Farce, denn gerade die damalige Rot-Grüne Koalition hat jedoch mit dem „Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (Hartz I) die Grundlage für den unbefristeten Einsatz von LeiharbeiterInnen geschaffen. Vergessen scheint die Haltung zum Thema Abschiebungen, die Verhinderung der Aufklärung des Spitzeleinsatzes in der Heidelberger linken/studentischen Szene, ständigen neuen Anwerbeversuchen, Stuttgart 21, Hartz I-IV, die Grünen als Kriegspartei, den Verkauf der LBBW-Wohnungen, die Liste ließe sich noch lange fortführen.
Damit der Ministerpräsident sich aber nicht ganz so wohl in seiner selbsternannten Rolle fühlt, gelang es einer Person trotz ständiger Versuche von DGB-Ordnern sie daran zu hindern, sich direkt vor der Bühne vor Kretschmann zu postieren. Die Person trug ein Schild mit der Aufschrift „Abschiebe-Kretschmann“ und „SOS alle Roma bleiben!“ um gegen die stetige Abschiebung von Roma in BaWü aufmerksam zu machen (allein in Freiburg 400 Personen) und den Hauptverantwortlichen hierfür daran zu erinnern, und hielt ihm dieses vor die Nase. Nach dessen Rede wurde die Person von einem GEW-Funktionär empört angegangen und das alleinige stille stehen mit einem Schild vor der Bühne als „respektlos“ bezeichnet. Folgender Ausspruch dessen führte zu einem kurzen Eklat: „Eigentlich war ich bis jetzt gegen Abschiebungen, aber jetzt auf Grund diesem respektlosen Verhalten, überlege ich mir nochmal, ob ich nicht doch für Abschiebungen bin“. Die Frage wem Respekt und Solidarität gebührt scheint hier eindeutig beantwortet worden zu sein: Dem Herrn Ministerpräsident, nicht den ins Ungewissene abgeschobenen Menschen! Dieses widerwärtige und menschenverachtende Gebaren blieb nicht ohne Reaktion und es kam zu einem kleinen Gerangel.
Plötzlich stieß ein Trupp Securitys, OrdnerInnen, StaatsschützerInnen und PolizistInnen die aufgebrachte Menge auseinander und der Herr Ministerpräsident ließ es sich nicht nehmen, die protestierende Person persönlich anzublaffen, immerhin. Beide schrien sich mehr oder weniger im Duell an, aber außer einem ständigen „Die Fraktion kümmert sich darum“ konnte Kretschmann nichts dem Protest entgegen bringen. Kurz vor seinem Abgang ermahnte er die Person mit den (landes)väterlichen Worten: „Jetzt sind sie dochmal zufrieden mit etwas!“, dies sagt mehr über Grün-Rot aus, als viele weitere Worte. Selbst die ansonsten stets den Willen der Herrschenden verkündende Badische Zeitung befand, dass Winnie viel zu gut weg kam.
Als dann schließlich der Hauptverantwortliche für den Ausschluss der FAU von diesem Tag, der 1. Vorsitzende der IG Metall, auf die Bühne durfte, ließ es sich die FAU samt Sympathisierender nicht nehmen, mit selbstironischen Schildern in die Menge vor die Bühne zu treten und mit einer quasi Anti-FAU-Demo auch diesen nochmals an seine Lügen zu erinnern. Es kam im Verlaufe des Festes zu keinen nennenswerten Vorfällen mehr, irgendwann haben sich DGB und IGM mit den bösen Spaltern der FAU abgefunden, die Strategie lautete wohl: „Lassen wir die halt hier ihren Stand machen, bevor es noch richtig Trouble gibt und Herr Kretschmann sich unwohl fühlt vor versammelter Presse“, oder so ähnlich. Hervorzuheben wäre auch noch der Protest der LBBW-MieterInnen, die auf ihre Situation rund um den Verkauf von Wohnraum aufmerksam machten.
Für die FAU kann dieser Tag als voller Erfolg gewertet werden: Sie hielt auf der Demo ihre Redebeiträge, baute entschlossen einen Infostand auf und konnte mit Aktionen auf sich und das Intrigenspiel aufmerksam machen. Besonders hervorzuheben sind aber die wirklich vielen guten Gespräche mit BürgerInnen aus den unterschiedlichsten Spektren, die fleißig Infomaterial mitnahmen und sich über die Auseinandersetzung mit dem DGB und die FAU als Gewerkschaft informieren wollten. Dies war eines der Hauptziele an diesem Tag, neben der klaren Ansage an DGB, IGM, Polizei und Salomon: Widerstand lässt sich nicht ausgrenzen!
Tag gegen die Arbeit in Freiburg
* Nachgetreten: 1.Mai war da was? Gibts eine Entschuldigung für die Polizeikooperation des DGB gegen die FAU? 30. November 2012
* FAU vs. DGB – Gegnerische Organisationen? Teil 2 4. Mai 2012
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* Bockwurstparty mit dem Abschiebe-Kretschmann!? Der politische 1. Mai 2012 in Freiburg 23. April 2012
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