Die Mieten müssen runter! Eine Stadt für Alle braucht bezahlbaren Wohnraum für alle. Ein erster wichtiger Schritt – die halbe Miete.
Bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete…
In Freiburg wird im Durchschnitt 44% des Einkommens für die Miete ausgegeben (2008). Viele Menschen zahlen sogar weit mehr als die Hälfte ihres Einkommen für ihr Recht auf Wohnen. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 25%. In Freiburg sind die Mieten überdurchschnittlich hoch und andererseits die Löhne niedrig. Das Halbieren der Mieten ist eine sozialpolitisch notwendige Maßnahme, um die Mietbelastung zu senken.
Daher: Mieten runter – Löhne hoch! Aber: Das ist nur die halbe Miete!
…die halbe Miete, weil Wohnung keine Ware sein darf
Man kann nicht Nicht-Wohnen. Wohnen ist ein unabdingbares Grundbedürfnis. Deshalb darf die Stadt nicht von wirtschaftlichen Interessen und Vermögen abhängen. Leerstand ist ein Beispiel für die Absurdität der “Ware Wohnung”, deren Wert nur steigt, wenn das Angebot künstlich knapp gehalten wird. Die ehemals besetzte Ecke-Goethestraße steht immer noch leer. Bedürfnisse nicht durch Kaufen und Verkaufen zu stillen, erfordert ein grundsätzliches Umdenken. Die Stadtentwicklung muss sich dabei an den Bedürfnissen aller Bewohner_innen orientieren. Es ist nicht nur die Frage, ob alle ihre Wohnungen bezahlen können, sondern, ob sie sie überhaupt bezahlen müssen. Auch wenn die Green City Freiburg einen grünen Deckmantel hat, heißt das noch lange nicht, dass eine “ökologische” Stadt auch eine soziale ist. Der Wegfall der (wenigen) Sozialbindungen für Wohnungen im Vauban ist ein Beispiel dafür. Grüner Kapitalismus bleibt Kapitalismus. Häuser denen, die sie brauchen.
…die halbe Miete, weil Menschen in der Stadt ausgegrenzt werden
Zwei Beispiele zeigen, wie einzelnen Gruppen in Freiburg das Recht auf Stadt verwehrt wird. Wohnungslose werden in Sondereinrichtungen untergebracht, anstatt Wohnungen mit Mietvertrag zu bekommen. Mit Zimmerzuteilungen für mehrere Einzelpersonen pro Raum ist Privatsphäre und Ruhe ausgeschlossen. Das Leben auf der Straße wird ihnen auch erschwert. Die Umgestaltung des Platzes der Alten Synagoge ist ein Beispiel dafür, wie Aufenthaltsorte wohnungsloser Menschen im Innenstadtbereich gezielt “unbewohnbar” gemacht werden.
Flüchtlinge werden immer noch in (Container-)Lagern untergebracht, mit einem Flächenanspruch von 4,5m² pro Person. Und wenn sie endlich die Erlaubnis erhalten, aus dem Lager auszuziehen, legt die Stadt Freiburg ihnen Steine in den Weg. Gegen ein Gerichtsurteil, wonach Flüchtlinge einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein haben und somit Zugang zum sozialen Wohnungsmarkt hätten, ging die Stadt in Berufung. Flüchtlinge sind vom Recht auf Stadt auch durch weitere Diskriminierungen ausgeschlossen. Z.B. dürfen sie nicht einkaufen, wo sie wollen, sondern sind per Chipkartensystem an wenige Supermärkte gebunden.
…die halbe Miete, weil die ganze Miete nur Profitinteressen dient
In Zeiten der Wirtschaftskrise wird viel Geld in sogenanntes “Betongold” (Häuser) investiert. Um Gewinn zu erwirtschaften, muss der Wert der Häuser gesteigert werden, was den Prozess der Verdrängung verstärkt. Als größte Mietwohnungseigentümerin maximiert die Freiburger Stadtbau (FSB), nicht anders als private Immobilienmakler_innen und Grundstücksbesitzer_innen, ihre Profite. Sozialauftrag? Wurde wohl verdrängt. Im Durchschnitt stiegen die Stadtbaumieten in den letzten Jahren deutlich stärker als der Mietspiegeldurchschnitt. Mit ihrem großen Wohnungsbestand treibt die Stadtbau den Mietspiegel, an den sich die Preise für Vermietungen anpassen und der oft als Grund für Mieterhöhungen angegeben wird, massiv in die Höhe.
Es ist absurd, für Wohnungen, die im Schnitt nach 30 Jahren abbezahlt sind, immer höhere Mieten zu bezahlen. Mit den Gewinnen der Stadtbau werden Hotels, Kunstdepots und andere Projekte bezahlt. Und das, obwohl es die Kernaufgabe der Stadtbau ist, bezahlbaren Wohnraum zu gewähren. Statt mit den FSB-Wohnungen noch Gewinn zu erwirtschaften, sollte in den bestehenden Wohnraum investiert werden, um die Mieten niedrig zu halten, die Häuser instand zu setzen und wirklich “warmmietenneutral” zu sanieren. Die vielen Studierenden in Freiburg sind ein wichtiger Faktor in der Stadtentwicklung: Durch häufigen Wohnungswechsel und als Träger_innen der kulturellen Aufwertung von Wohngegenden sind die Studierenden einerseits für die Verdrängung mitverantwortlich, andererseits sind die weniger Zahlungskräftigen unter ihnen auch Opfer von Profitinteressen. In der Tullastraße wird ein Wohnheim mit Warmmieten von 20Euro pro Quadratmeter gebaut – Wohnen darf, wer es sich leisten kann.
…die halbe Miete, weil Freiburg eine geteilte Stadt ist.
Die Bevölkerung im Westen der Stadt ist im Durchschnitt erheblich ärmer als die Bevölkerung in den östlichen Stadtteilen. Diese Ungleichheit spiegelt sich auch in der Infrastruktur wider: Der Osten Freiburgs ist mit Uni, Theater etc. privilegiert. Dem Westen, wo die Stadt weiter wächst, bleibt dagegen die belastende Infrastruktur wie Industriegebiete und Müllhalde. Es reicht aber nicht, Arme gleichmäßiger auf die Stadt zu verteilen. Eine Stadt für Alle erfordert es, die gesellschaftlichen Ursachen von Armut zu bekämpfen.
…weil eine Stadt für ALLE anders aussieht.
Denn wir wollen nicht nur untergebracht werden, sondern von Grund auf mitbestimmen. Es müssen auch die Lebensentwürfe in der Stadt einen Platz haben, die weder vom Mainstream noch von der Stadtplanung und -verwaltung vorgesehen wurden – unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit. Wer z.B. in WGs oder in Bauwägen leben will, soll die Möglichkeit dazu haben.
Für echte Teilhabe am städtischen Leben braucht es öffentliche Räume, in denen Menschen aus allen Teilen der Stadt sich treffen können. Öffentliche Plätze erlauben es, sich frei und ohne Konsumzwang im Zentrum aufzuhalten. In Freiburg aber müssen wir eine zunehmende Kommerzialisierung und Kontrolle des öffentlichen Raums feststellen. Überall verfolgen uns Überwachungskameras und Verbote; selbst das Grillen auf der Sternwaldwiese wird reglementiert.
Es geht um mehr als die eigenen vier Wände.
Alle müssen gleichberechtigt mitbestimmen können, wenn es darum geht, wie unsere Stadt aussehen soll – das heißt für uns Recht auf Stadt. Um der ständigen Ausgrenzung von der Teilhabe am städtischen Leben entgegenzutreten, müssen wir uns organisieren. Hierzu muss es Mieter_innenzusammenschlüsse, Nachbarschaftstreffen, soziale Zentren, basisdemokratische Stadtteilversammlungen geben. Wir wollen mitbestimmen, wenn es darum geht, was mit dem Viertel rund um die bald leerstehende Polizeiakademie geschehen soll. Mit den Gutleutmatten, der Gartenstadt, der ECA-Siedlung, dem Götz&Moritz-Gelände. Bei der Frage, ob aus dem Platz der alten Synagoge wirklich eine Betonwüste werden soll, um Freiburgs Großstadtphantasien zu befriedigen.
Wir wollen eine Stadt für Alle,
…in der Wohnraum keine Ware ist. Die nicht durch Profitinteressen geformt ist, sondern eine Stadt, in der Alle nach ihren Bedürfnissen wohnen können. Eine Stadt, in der soziale Gerechtigkeit die Basis dafür bietet, dass alle die Möglichkeit haben, ihre Stadt gemeinsam zu gestalten.
Bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete. Zu Ausgrenzung, Bevormundung und Verdrängung werden wir nicht schweigen!
Demo: Bezahlbarer Wohnraum ist die halbe Miete
10.11.12 13 Uhr Stühlinger Kirchplatz