Die FAU Freiburg und erkämpft ausstehenden Lohn eines prekär Beschäftigten
Markus ist zwar gelernter Gärtner, doch obdachlos und daher froh über ein Jobangebot um den spärlichen Hartz-IV-Satz aufbessern zu können. So sagte er natürlich auch nicht Nein, als der Herr Günther ihm auf der Straße 14 Euro pro Stunde für handwerkliche Arbeiten versprach.
Als der Herr Günther auch am dritten Tag Markus weder ausbezahlen noch einen Arbeitsvertrag aushändigen wollte wurde Markus langsam klar, dass das Geschäftsmodell des Herrn Günther nicht nur fragwürdige Leistungen für seine KundInnen beinhaltet (zockt alte Menschen ab), sondern er wohl davon ausgeht, dass man Menschen in prekären Situationen nach gutdünken bezahlen kann.
Da ist er mit Markus aber an den falschen geraten. Anstelle klein beizugeben wandte er sich an uns, die Freiburger FAU (Freie ArbeiterInnen Union) um in den kommenden Auseinandersetzungen nicht ohne Gewerkschaft da zu stehen.
Die Anrufe einer kämpferischen Gewerkschaft liessen zwar den Blutdruck des Herrn Günther hörbar steigen, doch zu keinem der vereinbarten „Geldübergabe“-Terminen erschien der gute Mann. Was tun?
Der Ruf nach „Papi Rechtsstaat“ macht uns AnarchosyndikalistInnen schon ganz erhebliche Bauchschmerzen. Aber auf der anderen Seite können wir nur dann glaubhaft eine Gewerkschaft sein, wenn wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen ganz konkret im hier und heute verbessern können. Daher entschlossen wir uns zusammen mit Markus, trotz ideologischer Bedenken, den bürgerlichen Rechtsweg zu beschreiten. Denn die wenigen Rechte die wir als Lohnabhängige haben lassen wir uns nicht auch noch kampflos nehmen.
Dies war dann aber gar nicht so einfach, denn deutsche Arbeitsgerichte benötigen eine zustellbare Meldeadresse des Beklagten und der Herr Günther hat sorgfältig darauf geachtet, dass niemand seine Adresse erfährt. Auch auf seinen Werbeflyern ist lediglich eine Handy-Nummer vermerkt.
Was sich für Rechtsberatungsstellen traditioneller Gewerkschaften wahrscheinlich als unüberwindliches Hindernis anhörte war für uns als Basisgewerkschaft vielmehr eine willkommene Herausforderung. Einer unserer Genossen nahm sich einen Tag lang Zeit und zusammen mit Markus konnten sie dann in feinster Detektivarbeit und über Recherchen in französischen Steuerverzeichnissen die Anschrift und sogar den richtigen Namen des Herrn M. alias „Herr Günther“ herausfinden.
Nach einem Gütetermin im Dezember 2012 und einer mündlichen Verhandlung im Februar 2013 würde Markus der ausstehende Lohn nun auch gerichtlich zugesprochen. Und nicht nur das, die Unkosten für seinen Anwalt und die Gerichtskosten dürften den „Herrn Günther“ noch deutlich teuer kommen. Von dem Ermittlungsverfahren wegen Betrugs, dass auf Grund der Presseberichte gegen den „Herr Günther“ eröffnet wurde ganz zu schweigen.
Was bleibt nun von dieser Aktion?
Neben dringend benötigtem Geld für Markus und der Genugtuung, dass „Herrn Günther“ klar gemacht wurde, dass sich auch Menschen in prekärsten Situationen empfindlich zurückschlagen können, konnten wir von der FAU unsere Erfahrungen in der Erkämpfung von ausstehenden Löhnen weiter ausbauen.
Auch wenn unser grosses Ziel die Herbeiführung des sozialen Revolution mittels kämpferischer Betriebsgruppen ist, so sind wir auch realistisch genug zu erkennen, dass diese Betriebsgruppen nicht einfach auf Grund unser hübschen Ideologie entstehen werden. Daher sehen wir solche kleinen Konflikte auch nicht als „lästiges“ Klein-Klein die eine Gewerkschaft nun halt mal machen muss.
Im Gegenteil, durch das erfolgreiche Bestreiten solcher Konflikte halten wir nicht nur unser Versprechen als Gewerkschaft sondern können unsere Strukturen und Fähigkeiten immer wieder testen und weiterentwickeln. Jeder kleine Konflikt bringt uns weiter und zeigt: Der Anarchosyndikalismus funktioniert. Hier, und heute. Und mit etwas Glück funktioniert mit ihm auch die nächste Revolution.
Wer also ein Problem mit Job oder Jobcenter hat, das nach den unkonventionellen Methoden einer kämpferischen Gewerkschaft verlangt kann damit gerne mal bei unserer Gewerkschaftlichen Beratung vorbei schauen (Jeden 1. Donnerstag im Monat, 20h Strandcafé). Wir freuen uns über jede Aufgabe an der wir wachsen können.
Und wer selbst aktiv beim Aufbau einer revolutionären Gewerkschaft mitarbeiten will macht uns sogar noch ein wenig glücklicher.
Mehr Infos:
– Ausstehnde Lohnzahlungen bei Tagelöhnerei
FAU kämpft um ausstehende Löhne